Ayuryoga bei Yoga Vidya im Westerwald | Bericht

Treffen sich Vata, Pitta und Kapha im Wald…

Am Wochenende war ich wieder im Ashram. Dieses Mal im Yoga-Vidya Ashram im Westerwald. Ich sage euch: abenteuerlich! Die Anschrift war auf meinem Navi im Auto nicht verzeichnet. Gut, folgte ich den Anweisungen laut Handy, frau ist ja  flexibel… Als ich nach einer unglaublichen Fahrt über winzige Berg- und Talstraßen schließlich auf eine unbefestigte Straße geleitet werden sollte, auf der Steinschlaggefahr bestand, musste ich mich gegen den guten Rat der Navigationsgeräte dieser modernen Welt leider durchsetzen und nach „Gefühl“ ein Stück zurück fahren. So kam ich über weitestgehend befestigte Wege schließlich in dem Tal an, in dem das wunderliche Märchenschloss Gutshaus YogaVidya Westerwald steht. Wäre ich auf der Hauptstraße geblieben, hätte ich das kleine Schild sicherlich gesehen… – nur auf sein Navi sollte man eben nicht blind vertrauen….

Hier, wo sich Fuchs und andere wilde Tiere, wie zum Beispiel diese wunderbaren Zottelrinder, die dort weideten, gute Nacht und sicherlich auch namaste sagen, angekommen, es gibt ausreichend Parkplätze vor der Türe, Koffer geschnappt und ab zur Rezeption. Die Türe wird bewacht von einem tollen, schon leicht von Grünzeug überwuchertem Ganesha. Wald-Ganesha. Ich öffne neugierig die Türe und fühle mich sofort wie in eine andere Welt versetzt: eine gemischte Welt, etwas zwischen Skihüttenflair, Bauernhofcharakter und Hindutempelduft. Ein netter Yogi weist mir mein Zimmer zu – es gibt nicht viele Wege, auf denen ich mich verlaufen könnte. Im Mehrbettzimmer – geräumiger Skihüttencharakter – ist noch genau ein Bett von 6 Betten frei  – aber hey, genau das hätte ich mir ausgesucht 🙂 Noch ein netter Plausch mit zwei Bewohnerinnen, kurz frisch gemacht und das Haus erkundet: Die Yoga-Räume sind alle gleich eingerichtet, eigentlich wie im Yoga Vidya Haupthaus in Bad Meinberg,  heller Wollteppichboden, Holzregale mit Yogamatten, weißen Decken und Sitzkissen, Altare mit liebevoll geschmückten Murtis.

Dann war auch schon Zeit, sich vom reichhaltigen Buffet zu bedienen, das es zwei mal am Tag gibt. Das Gericht, Dinkelvollwertnudeln mit  Gemüse, sah zwar auf den ersten Blick etwas gepanscht aus – war aber sehr schmackhaft! Ich setzte mich mit einem Schälchen in den Skihütten-Essraum (bei diesem Bild bleibe ich nun hängen;)), der auch gleichzeitig Aufenthaltsraum, Shop, Bücherei, Durchgang zur Küche und zum Büro für Mitarbeiter ist, und amüsierte mich ein wenig vor mich hin… Trotz bewegten Hin- und Herhuschen nicht weniger Menschen, alle in Yogahosen, Hausschuhen und Wollpullovern, kam keine Hektik auf. Das gefiel mir gut. Manche summen vor sich hin. Ich grinste noch ein wenig breiter, holte mir noch ein kleines bisschen Nachschlag und kam an.

Nachdem ich nach dem Essen mein Bett bezogen hatte und noch zwei andere unterhaltsame Frauen aus unserer vorübergehenden Wohngemeinschaft kennengelernt hatte, war Zeit für den Satsang. Ich mag diese Traditionen, die bekannten Klänge, die einen umhüllen, spätestens, wenn man  zum zweiten Mal in einer dieser Yoga-Institutionen ist. Da gibt es zum Beispiel das Mantra für Frieden, OM Namoh Narayanaya, das täglich (!) zwischen  19:00 und 20:00 gesungen wird. Für den Frieden kann man ja nicht genug singen, also auf zu diesen guten „Vibes“ … Hier wurde der Gesang durch tieftönende Klänge unterschiedlicher Klangschalen und Klangelemente unterstützt – Die Töne hingen schwer und bedeutsam im Raum, kriechen in jede Ecke, in jedes Ohr, in jeden Geist und Herz. Eine schöne Betonung der gewichtigen Aussage. 20:00, ein letzter Gong und der Satsang beginnt. Thema heute: Einverstanden sein. Einverstanden, mit dem was ist. Etwas Schönes zum darüber Nachdenken…

Ein paar Kirtans, Mantras und OMs später beginnt unser Seminar: Ayuryoga – Die Verbindung zwischen Ayurveda und Yoga. Wir treffen uns im Devi-Raum, dem Raum, der den weiblichen Gottheiten wie Lakshmi, Durga, Kali, Saraswati gewidmet ist.  Bei den Teilnehmerinnen handelt es sich um eine kleine, feine Gruppe, die meisten schon seit vielen Jahren Yogalehrerinnen. Als Yogalehrerin bildet man sich ja regelmäßig und gerne weiter :). In diesem Seminar dürfen wir unsere Sicht auf Ayurveda erweitern und lernen, welche Art von Übungen für die drei unterschiedlichen Typen Vata, Pitta und Kapha besonders geeignet sind. Unser Lehrer ist Hridaya, ein Yoga Acharya mit freundlichem Schweizer Akzent, ein sehr erfahrener Lehrer, bei dem es von Anfang an Spaß macht, ihm zuzuhören! Nach dem Seminarauftakt um 22:00 ist dann auch Schweigen für alle angesagt. In der Regel  muss man das nicht allzusehr einfordern , die meisten sind doch immer gut, sagen wir, innerlich angereichert, um spätestens 23:00 in einen tiefen Schlaf zu fallen.

Samstag morgen, wir kennen das schon aus der Bad Meinberger Yogalehrer-Intensivwoche, klingelt mit einem leisen meditativen Glockengeläut,  mein Wecker. 5:20. Ziemlich viele Frauen drängen sich im Gemeinschaftsbad um die Waschbecken und Duschen. Aber es geht. Angenehm, dass bis nach der Meditation morgendliches Schweigen angesagt ist… Um 6:00 ist Pranayama für Fortgeschrittene, 7:00 beginnt der Morgen-Satsang. Außer unserer Gruppe sind  die meisten anderen Anwesenden aus der zweijährigen Yogalehrerausbildung an ihrem Prüfungs-Wochenende – und dementsprechend aufgedreht, energievoll ist die Atmosphäre.

Entspannung für Vata-Typen

9:15 Vortragsbeginn. Jetzt wird es spannend! Nachdem Hridraya ein wenig Struktur in unseren Wissendurst gebracht hat, bekommen wir unsere erste Ayuryoga-Stunde: Asanas gegen erhöhtes Vata bzw. speziell für vorherrschende Vata-Konstitution. Vata, König der Doshas, wird bestimmt durch das Element Luft. In unserer heutigen Zeit sind viele Probleme Vata-induziert, viele Menschen „durch den Wind“ – Belebte Orte, Hektik, Lautstärke, Geschwindigkeit, viele Impulse durch Medien- und Informationsoverload, alles, was uns durcheinanderbringt, Gedanken herum scheucht, uns den Atem nimmt, dadurch weitere Probleme bereitet – Vata ist „schuld“… Zur Vata-Harmonisierung erwartet uns also eine wunderbar entspannende, erdende Yogastunde. Schon ist es  11:00, es gibt Frühstück, und das ist immer großartig – alles frisch, alles lecker, für Veganer und auch noch-nicht Veganer gibt es eine große Auswahl Brunch-Leckereien, warm und kalt. Vatagerecht genieße ich eine beruhigende warme Mahlzeit, ein Getreidemuesli mit Banane und ein wenig süßen Beilagen – köstlich.

Anregende Asanas für das Kapha-Dosha

Zum Glück sind wir danach gut gestärkt. Denn was uns am Nachmittag erwartet, wird mir lange in Erinnerung bleiben. Das Kapha-Dosha ist ruhig, kräftig, beständig. Um es auszugleichen, bringt man einen Kapha mit einer dynamischen Yogastunde  in Wallung. Mein Typ ist sowieso eher schnell „warm“, also brauche ich nur eine ganz kurze Zeit, um meine innere Temperatur auf saunaähnliche Zustände zu bringen – Klartext: diese Stunde ist so was von schweißtreibend, dass ich mir vorkomme wie in der Sauna, oder einer Bikram / Hot Yoga-Stunde…

Kapha-Yogastunde – das ist der Fokus: Viel Agni, inneres Feuer entfachen, schon beim Pranayama. Kaum Entspannungspausen, also eher gar keine, nicht zu lange in den Asanas bleiben, man könnte sich ja sonst dort wohlig einrichten, keine erdenden Übungen, weil Kapha eh schwer gen Boden zieht. Dafür viele nach oben öffnende Übungen. Wir beginnen mit dem Sonnengebet, einer wunderbar fließenden Übung.. Aber weit getäuscht, das Sonnengebet gewinnt an Fahrt, wird schneller, zügiger. Om mitraya namaha, om ravaye namah, om suraya namaha, om banave namaha… Dennoch wird auf korrektes Üben geachtet, noch eine Runde, noch eine, nein, noch drei, zwei, eins… Dann ein sehr dynamischer herabschauender Hund, kräftiges Halten im Brett,  den Krieger aus dem Sonnengruss entwickeln… und welche Variationen es gibt! Unser eigentlich sehr entspannter Yogalehrer gibt klare Anweisungen: noch drei Atemzüge, halten, einatmen, Arme weit nach oben, Rückbeuge, Brustkorb öffnet sich weiiiit nach vorne, halten, stark und schnell ist die Devise! Ich glaube, es macht ihm sogar Spaß, uns so richtig einzuheizen 🙂 Das sind wir, eingeheizt. Uns ist mehr als warm. Atmen schwer. Schweißperlen. Jetzt alle in den Handstand, jeweils zwei unterstützen sich gegenseitig, straff geführt von Hridaya. Dann wahlweise Kopfstand oder in den Skorpion, schön nach oben, zackig weiter…  Dann Variationen des Tänzers, Natarajanasa… Am Ende dieser Kapha-Yogastunde sind wir alle fertig und glücklich und leicht wie ein Schmetterling 🙂

Festivalstimmung im Satsang

Heute abend gibt es langen Satsang, und es entwickelt sich zu einem wunderbaren Konzert: Die Yogalehrergruppen spielen Instrumente, singen Kirtans und Mantras, es ist eine Stimmung wie auf einem Festival! Ganz wunderbar!

Sonntag morgen, ihr wisst schon, früh raus, Meditation, Satsang, Vortrag, bis wir zur Pitta-Stunde kommen. Die Pittas unter uns freuen sich – geschwitzt haben wir gestern. Heute gehts an´s Innen! Pittas, sonst gewohnt, alles zu managen, dürfen sich mal ganz raushalten aus allem, und entspannt feststellen: die Welt dreht sich einfach weiter. Eine wunderbare Stunde, was für ein Abschluss!

Fazit

Ich komme auf jeden Fall wieder! Euch kann ich Yoga Vidya Westerwald , Hridaya und das Seminar empfehlen, wenn ihr tief eintauchen möchtet, keinen Luxus erwartet, sondern Ruhe und mit ein bisschen Verschrobenheit umgehen könnt und bei interessanten Seminaren rund um Yoga und Ayurveda abschalten und dazulernen möchtet. Wieder einmal nehme ich massenweise Inspiration mit, auch von meinen Mitbewohnerinnen, die Seitkrähe klappt schon ein bisschen besser, liebe Anna! Inspiration für meine eigene Praxis, Impulse für Workshops und Yoga-Kurse im Frühjahr und Sommer, für weitere Weiterbildungen. Danke & Namaste!