Blogparade: Esskultur 2.0 – Wie essen wir morgen?

Die netten Jungs und Mädels vom Social Media Dinner machen nicht nur gemeinsame Genuss-Events, sondern vor allem sich Gedanken um unsere Esskultur. Unter dem Titel

Esskultur 2.0 – Analoger Käse & Digitale Wurst

Wie kochen und genießen wir morgen?

haben Sie zur „Blogparade“ aufgerufen, einem gemeinsamen Nachdenken über unsere Esskultur, Werte und Genuss heute und morgen.

Wie war das noch: Wir leben im Informationszeitalter. Wir sind gut informiert. Wissen, worauf es ankommt, bei guter Ernährung, beim gutem Leben. Wir kennen als moderne Menschen den neuesten In-Italiener, das beste Steak der Stadt, die schnellste Pasta… Essen hat einen hohen Stellenwert und mehr Bedeutung, als bloße Beseitigung des Hungergefühls: Es ist für viel zum Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens avanciert. Doch wissen wir das, was wichtig ist, wenn es um Ernährung und damit die Entwicklung unserer Esskultur geht?

Für mich gibt es dazu aktuell drei besonders kritische Ansatzpunkte, die ich für mich im Auge behalte, und die in den Rahmen der Blogparade passen:

1. Bewusst sein, bewusst essen

Auch ich liebe gutes Essen und Trinken. Ich mag es, wenn sich der Geschmack verbindet zu einer harmonischen Komposition von Düften und Geschmack. Ein schöner Abend, ein guter Urlaub, bedeutet auch, gut zu essen. Auch. Denn ab und zu beschleicht mich das Gefühl, Essen werde überwertet. Ich kann mich entweder auf gutes Essen, sinnige Gespräche, gemeinsames Erleben konzentrieren, oder mich mit geistiger Nahrung beschäftigen. Wenn ich zu viel esse, übe ich kein Yoga mehr, gehe nicht Laufen und bin auch sonst nicht so aktiv wie ich es sein möchte. Lenkt mich womöglich Essen von Entwicklung ab? Ist die „Völlerei“ als eine der Todsünden allgegenwärtig? Nimmt uns Essen Zeit weg oder schenkt uns gemeinsames Genießen Lebensqualität? Ist Ernährung nach yogischen Gesichtspunkten der richtige Weg?

Wahrscheinlich ist es etwas von Allem. Ich möchte jedenfalls versuchen, bewusst mit dem gegenwärtigen Moment umzugehen, bewusst Essen schätzen, und das ganz bewusst wahrnehmen, was gerade ist. Yoga praktizieren hilft mir dabei.

2. Appell an die Politik und das eigene Bewusstsein

Bewusst wahrnehmen ist auch das Stichwort, wenn es um die Qualität des Essens geht. Wenn wir im Supermarkt stehen, scheint all das, was einmal Science Fiction war, Wirklichkeit geworden. Gruselige Wirklichkeit: Das Licht strahlt im besten Winkel auf rosafarbenes Fleisch, einzelne Portionen machen den Einkauf so angenehm und die freundliche Verkäuferin schneidet mir gerne kleine oder größere Portionen von etwas ab, was sich Schinken nennt…. Einmal nachgefragt, bestätigt sie die schlimmsten Befürchtungen: Es ist nichts Natürliches da, was ich kaufen kann!

Wurst wird zusammengemischt, verfeinert mit Schmier- und Konservierungsmittel, ansprechend gefärbt und mit Elementen versehen, die Hinweise auf vermeintliche Ursprünglichkeit geben, und in Schinkenform gepresst, um das Ganze dann als „Bauernschinken“ zu verkaufen… Künstlicher Käseersatz wird so lange geschmacklich angepasst, bis er fast wie echter Käse aussieht, obwohl er mit Käse nichts mehr zu tun hat… Tomaten haben niemals Erde oder Sonne erblickt, sind dafür aber gleich groß und gleich rot, Kartoffeln erfahren 88 Produktionsstufen in 47 Ländern nach 2800 km Transport, Obst wird unreif geerntet, massiv mit Chemikalien behandelt, um zu gezielt zu reifen und in Folien Schachteln, Kartons, oder HighTech eingepackt, deren Weichmacher sich mit den Inhaltsstoffen verbinden und die selbst für neue Entsorgungsprobleme führen…

Diese Horrorgeschichten könnten wir weiter und weiter spinnen … Und das alles soll so sein, weil wir, der Verbraucher, es so wollen!?

WEIL DER VERBRAUCHER DAS SO WILL!?????

Wo ist dieser Verbraucher? Ich würde ihn gerne mal kennen lernen! Mit ihm und vielen anderen die Möglichkeiten des Informationszeitalters nutzen! Gemeinsam Echtes essen! Vielleicht, und das wäre eine große Hoffnung, könnten wir dann die Macht des Schwarms, der Masse nutzen, um Echtes wieder in den Auslagen zu finden. Echtes, mit Geschmack und Erde und auch mal einem Wurm. Mir sind Würmer lieber als Chemikalien, denn hier kann ich aussortieren. Liebes Social Media Dinner, wenn wir via Social hier eine winzige Veränderung unterstützen können wäre das schön, und ganz im Sinne von Social Media 🙂

Die Begründung, dass „der Verbraucher“ es zu einem niedrigen Preis einkaufen wolle, klingt jedenfalls reichlich fadenscheinig… Die Scheinwelt existiert, weil wir produzieren und Müll & Energie organisiert bekommen müssen. Aber wäre es wirklich unmöglich, Sinnvolles zu produzieren, Langfristiges, Nachhaltiges? Der wirtschaftliche Schaden durch krank machende Produkte und die die Bandbreite des einseitig gewinnoptimierten Angebots ist wohl wesentlich höher!

Gesellschaftlich und sozial hochwertvolle Projekte gibt es, sie sind nur noch sehr leise: Zentren, in denen Generationen zusammen leben, von einander profitieren, miteinander wachsen. Gemeinsam anbauen, einkaufen, kochen. Wer weiß noch, wie man Marmelade einkocht? Oder Supermärkte, die auf Verpackungen verzichten: Genial!

 3. Jedes Häppchen zählt!

Veränderung geschieht nicht in einem großen Schritt, nicht durch Kritik, sondern durch kleine Schritte, kleine Portionen (wie beim Essen :)), sinnvolles Auseinandersetzen, Diskussionen, eigenes Vorleben richtiger Ernährung.

Das ganze System mag krank sein, es ist jedoch immer noch ein System, das aus vielen einzelnen Systemen besteht! Und innerhalb eines Systems reagieren wiederum einzelne Elemente auch auf Schmetterlingsflügelschläge, auch auf Worte und kleine Veränderungen! Back to the Roots, selbst die Veränderung sein, den Mist nicht kaufen, zurück zum originären Essen & Leben, gesündere, glücklichere Menschen mit mehr Bewusstsein wären eine Lösung mit positiven Effekten auf vielen Ebenen. Das wäre schön 🙂